Die Lebenswege, die Joachim Maier am 26.11. in der Stadtbibliothek Schriesheim beschrieb, berührten die Zuhörenden sehr. Maier stellte einzelne Schicksale aus seinem Buch "Die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung und "Euthanasie" aus Schriesheim" vor. Dabei wies er auf Spuren jüdischen Lebens in Schriesheim hin. Er zeigte Fotos und las auch Passagen aus privaten Briefen vor. Bereits im Jahr 2003 begann er Inhalte für sein Werk zu sammeln, das 2019 dann veröffentlicht werden konnte. Zahlreiche Zeitzeugen lernte er bei seinen Recherchen kennen, deren Familiengeschichten nun in seinem umfangreichen Buch dokumentiert sind.

Mit Spannung erwarteten die Zehntklässler der Kurpfalz-Realschule die Lesung von Anja Tuckermann in der Stadtbibliothek Schriesheim. Deren wahre Geschichte um den jungen Mano ist dieses Jahr Prüfungslektüre für den Realschulabschluss in Baden-Württemberg. Mit Stift und Block ausgestattet, hatten die ca. 120 Schüler*innen die Möglichkeit, Anja Tuckermann zur Hauptperson und deren Geschichte auszufragen. Kennengelernt hat Tuckermann Mano damals über dessen Cousin Hugo, mit dem sie bereits für einen Jugendroman zusammenarbeitete. Genau wie Hugo ist auch Mano ein Holocaust-Überlebender. Eindrucksvoll berichtet Tuckermann von den unzähligen Gesprächen, die sie mit Mano führte. Davon, dass er sich von Gespräch zu Gespräch mehr öffnete oder davon, dass ihm beim Erzählen längst vergessen geglaubte Dinge wieder einfielen. Sechzig Jahre lang hat Mano nicht darüber gesprochen, was ihm und seiner Familie während des zweiten Weltkrieges wiederfuhr. Doch irgendwann hatte er das Gefühl, er müsste "alles mal richtig rausschreien". Auch, damit seine Geschichte und die vieler anderer Sinto, nicht einfach in Vergessenheit gerät. Gemeinsam besuchten Mano und Anja Tuckermann die verschiedenen Stationen aus Manos Geschichte. Auch die heutigen Gedenkstätten und Museen der ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz, Ravensbrück und Sachsenhausen. Dort erzählte er Tuckermann von großer Angst und Hunger, am häufigsten sprach er aber von der schlimmen Kälte. Mano überlebte mehrere Konzentrationslager der Nationalsozialisten und wurde schließlich, als Elfjähriger, von befreiten Französinnen gerettet und mit nach Frankreich genommen. Nach fast fünf Jahren Recherche und stundenlangen, intensiven Gesprächen waren zwei von Tuckermanns Jugendromanen fertig. Entstanden sind dabei "Denk nicht, wir bleiben hier!: Die Lebensgeschichte des Sinto Hugo Höllenreiner" und eben "Mano.: Der Junge der nicht wußte, wo er war." Gekonnt mischt Tuckermann das Lesen mit freiem Erzählen und dem Beantworten von Fragen aus dem Publikum. Ihre Ausführungen sind informativ und enthalten jede Menge Hintergrundinformationen zum Nationalsozialismus, gleichzeitig sind sie erschütternd. Gegen Ende der Veranstaltung erzählt Tuckermann dass es Mano heute gut geht und wie er mit seiner Familie lebt. Schreiben und lesen kann er nicht, Mano ging nach dem Ende des Krieges nicht mehr in die Schule. Trotzdem, so erzählt Anja Tuckermann, freut es den heute 85-jährigen sehr, dass ein so großes Interesse an seiner Geschichte besteht.

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